Nach dem Abitur direkt studieren oder eine Ausbildung beginnen? Nicht alle wollen das. Dazu gehören auch die sieben jungen Erwachsenen, die derzeit ein FWJ im Produktionstechnischen Zentrum Hannover (PZH) der Leibniz Universität Hannover absolvieren.
Berufsleben kennen lernen und den passenden Studiengang finden
„Ich wollte das Berufsleben ohne Leistungsdruck kennen lernen und vor meinem Studium eine Pause vom schulischen Lernen nehmen“ – so beschreibt Hannah Krüger ihre Motivation, ein FWJ zu beginnen. Die 20-Jährige arbeitet derzeit am IFW – Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen im Bereich Produktionssysteme.
Philipp Spielmann (20) hatte vor, das FWJ zur Studienorientierung zu nutzen: „Ich war mir unsicher, ob ich ein naturwissenschaftliches oder ingenieurwissenschaftliches Fach studieren möchte“, sagt er. „Durch das FWJ konnte ich Aufgabe in beiden Schwerpunkten bearbeiten und den Wissenschaftlichen Mitarbeitern Fragen zu Studiengängen stellen.“ Er absolviert sein FWJ am IMPT – Institut für Mikroproduktionstechnik im Bereich Mikro- und Nanointegration.
Auch Monika Dolakova (21), die am IFW in der Abteilung Funktionalisierung eingesetzt ist, hat während des FWJ die Mitarbeitenden und Studierenden an ihrem Institut befragt: „So konnte ich Insider-Infos zu den Studiengängen Mechatronik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen und so weiter bekommen.“
Von Medizintechnik bis 3D-Druck, von Programmieren bis Mikroskopieren
Wer ein FWJ absolvieren möchte, sollte allerdings schon vorher „ungefähr wissen, welche Themen er interessant findet – weil es sonst schwierig ist, sich ein Projekt auszusuchen“, sagt Monika Dolakova. Sie bearbeitet ein Projekt im Bereich Medizintechnik und analysiert Schäden an Hüftimplantaten, um deren Lebensdauer zu erhöhen. „Ich darf die Proben selbst an der Maschine herstellen, messen und dann auch auswerten“, erzählt sie. „Die Schadensanalyse habe ich selbstständig durchgeführt und mir wurden alle Schritte der Wissenschaft gezeigt: von der Versuchsplanung über das Experimentieren bis zum Auswerten.“
Mit der Recycelbarkeit von Getränkekartons beschäftigte sich Laura Porsch (21) in ihrem FWJ-Projekt am IKK – Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik. Darüber hinaus forscht sie zur aquatischen Abbaubarkeit von Kunststofffilamenten bis hin zu Kleidungsfasern und macht Aufnahmen von verschiedenen Proben mit dem Digitalmikroskop und Rasterelektronenmikroskop (REM). Zu Lauras Arbeitsalltag gehört zudem die Betreuung von Langzeitversuchen: „Dazu zählt beispielsweise das regelmäßige Messen und Einstellen von pH- und PSU-Werten“, sagt sie.
Am IMPT stellt Philipp Spielmann Induktivitäten und Sensorik in Spritzgießbauteilen her, und am IFW beschäftigt sich Frederic Kitzka (21) unter anderem mit 3D-Druck und Python-Programmierung. Antonia Busch (19) absolviert ihr FWJ ebenfalls am IFW – und ihre Aufgaben reichen von CAD-Konstruktion über Lötarbeiten bis zum Antrainieren von KI. „Darüber hinaus konnte ich an einem Schweißkurs teilnehmen, im Rahmen eines Juniorstudiums erste Vorlesungserfahrungen sammeln und durch eine Exkursion sowie einen Workshop einen tieferen Einblick in die Automatisierungstechnik erhalten“, erzählt Antonia.
FWJ bietet viel Eigenverantwortung und abwechslungsreiche Aufgaben
Die Projekte sind also sehr unterschiedlich und abwechslungsreich. Zudem bietet ein FWJ im Vergleich zu anderen Betätigungsfeldern sehr viel Freiheit und Eigenständigkeit.
„Auch wenn man gerade erst aus der Schule kommt, wird einem hier viel Vertrauen entgegengebracht und auch etwas Verantwortung geboten“, sagt Ben Dobmeier. Der 20-Jährige absolviert sein FWJ am IMPT im Bereich Quantentechnologien und schätzt dort besonders, „dass man wie ein normales Teammitglied behandelt wird und nicht wie eine günstige Aushilfskraft.“
Das bestätigt auch Laura Porsch: „Das Maß an Verantwortung und Selbstständigkeit, welches mir anvertraut wird, hat mich positiv überrascht.“ Außerdem werde die Tätigkeit „nie langweilig, weil es immer etwas Neues zu entdecken gibt.“
Auch Antonia Busch fand ihre Aufgaben „abwechslungsreich und spannend – und ich hatte viel Freiheit, meine Tätigkeiten selbst mitzugestalten.“ Sie hat aber auch Kritik: „Die Wohnungssuche war eine Herausforderung. Wer nicht aus Hannover stammt, hat es äußerst schwer, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Die vorhandenen Wohnheimplätze der MHH reichen bei weitem nicht aus.“ Das führt dazu, dass einige lange Pendelwege in Kauf nehmen mussten – bei Frederic Kitzka waren es beispielsweise 1,5 Stunden.
Nach dem FWJ: Wie geht es weiter?
Alle sieben Befragten beginnen ein Studium – von Informatik über Elektrotechnik und Maschinenbau bis hin zum Studiengang „Nachhaltige Ingenieurwissenschaft“. Drei der Befragten studieren dual, um neben den Vorlesungen möglichst viel in der Praxis anwenden zu können – die Spanne reicht vom dualen Studium in „Maschinenbau und Produktion“ über Luftfahrttechnik bis zum medizinischen Studiengang „Primary Care Management“.
Manche hat das FWJ in ihrem Studienwunsch bestärkt, manche haben während des Freiwilligenjahres den passenden Studiengang gefunden. Alle würden das FWJ empfehlen – und zwar jedem, „der Orientierung sucht und sich noch sicher ist, was er in Zukunft machen will“, sagt Frederic Kitzka. Das bestätigt auch Hannah Krüger: „Ich würde das FWJ jedem empfehlen, der Zeit braucht, seine eigenen Ziele und Vorstellungen klarzustellen und sich in der großen Auswahl an Berufen und Möglichkeiten zurecht zu finden.“
„Durch das FWJ ist man besser vorbereitet auf alles, was danach kommt – egal ob ein Studium, eine Ausbildung oder auch noch weitere Praktika“, sagt Ben Dobmeier. „Empfehlen würde ich das jeder Person, die nach der Schule noch nicht weiß, was sie machen soll oder auch erstmal keine Lust auf ein Studium hat. Es ist natürlich nicht ohne, vom lockeren Schulleben in einen Vollzeitberuf einzusteigen – aber wenn einem das Thema Spaß macht, ist das überhaupt kein Problem.“
Last-Minute-Bewerbungen für FWJ-Durchgang 2025/2026
Alle Informationen zum Freiwilligen Jahr in der Wissenschaft (FWJ) an den Instituten der Leibniz Universität Hannover, der Medizinischen Hochschule Hannover und weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen in Niedersachsen gibt es unter https://www.mhh.de/gb-i/freiwilligendienste/fwj
Das FWJ beginnt planmäßig am 1. August, 15. August oder 1. September – je nach Projekt. Wer im FWJ-Jahrgang 2025/2026 noch dabei sein will, muss sich also beeilen. Für einige wenige Projekte werden noch Bewerbungen angenommen, die Projektliste ist hier zu finden.
Für den FWJ-Jahrgang 2026/2027 ist der reguläre Bewerbungsschluss am 31. Januar 2026.



