26 Kilogramm Kleidung kauft jede*r Europäer*in im Durchschnitt pro Jahr. Laut einer Greenpeace-Umfrage wird nach spätestens drei Jahren rund die Hälfte der Garderobe im Schrank aussortiert. Die Abfallmengen, die dabei anfallen, sind gigantisch. Das besondere Problem: In der Vergangenheit wurden Textilien nicht im Kontext von Materialkreisläufen betrachtet. Nur ein Prozent der aussortierten Textilien landet in der Wiederverwendung und wird zu neuen Kleidungsstücken verarbeitet, der Rest wird auf Deponien entsorgt oder verbrannt – doch das soll sich nach dem Willen der EU ändern.
Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft
Das mechanische Recycling von Textilien und textilen Mischgeweben ist ein entscheidender Schritt in der Kreislaufwirtschaft. Angesichts der wachsenden Menge an Textilabfällen und der damit verbundenen ökologischen Herausforderungen ist es unerlässlich, effektive Recyclingmethoden zu entwickeln.
Im Forschungsprojekt „TexKreis“ beschäftigt sich das IKK – Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik der Leibniz Universität Hannover insbesondere mit dem mechanischen Recycling von Textilien. In Kooperation mit den Projektpartner*innen Vaude, Gerry Weber und Forbo Movement Systems untersucht das IKK unterschiedliche Textilprodukte – von Sportausrüstung über Damenmode bis hin zu textil verstärkten Förderbändern. In erster Linie handelt es sich dabei um Post-Industrial-Abfälle aus Polyester, Polyester-Elastan-Gemischen sowie TPU-Polyester-Gemischen, auf deren Basis Recyclingkonzepte entwickelt werden sollen. Die textilen Materialien werden dabei als Kunststoff verstanden und weniger als Faser betrachtet – mit dem Ziel, diese in alternative Anwendungen überführen zu können. Unterstützt wird das Projekt durch das Know-How von Barlog Plastics, EREMA und Gross+Froelich, sodass anschließend die Erkenntnisse und spezifischen Rezyklatentwicklungen in die Praxis umgesetzt werden können. Der Wissens- und Technologietransfer wird von TecPart – Verband Technischer Kunststoff-Produkte und der Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württemberg (AFBW) durchgeführt.
Herausforderungen des mechanischen Textilrecyclings
Das mechanische Recycling von Textilien sieht sich verschiedenen Herausforderungen gegenüber, die sich auf vier Hauptpunkte reduzieren lassen.
1. Materialvielfalt: Viele Textilien bestehen aus komplexen Mischungen, die schwierig zu recyceln sind. Die Entwicklung effektiver Trenn- und Aufbereitungsmethoden ist daher entscheidend. Hinzu kommt, dass die Zusammensetzungen oftmals unbekannt sind, sodass umfassende Charakterisierungen notwendig sind und die Betrachtung der Materialien oft individuell durchgeführt werden muss.
2. Qualität: Beim mechanischen Recycling kann es zu einem Qualitätsverlust kommen. Dies kann die Verwendung der recycelten Materialien in hochwertigen Anwendungen einschränken.
3. Recycling von Mischgeweben: Beim Recycling von Mischgeweben, die aus verschiedenen Fasern bestehen (zum Beispiel aus Polyester und Elastan), liegt die Herausforderung in der Trennung der unterschiedlichen Materialien. Da rein mechanische Verfahren wie Reißmaschinen oft nicht ausreichend sind, um die Fasern effektiv voneinander zu trennen, kommen thermomechanische Verfahren ins Spiel. Diese können durch Wärmebehandlung unter bestimmten Umständen die Trennung der Fasern erleichtern. Insgesamt ist das Recycling von Mischgeweben allerdings besonders schwierig und bis jetzt als Faser-zu Faser-Recycling schwer umsetzbar.
4. Technologische Herausforderungen: In der Vergangenheit setzten insbesondere technologische Limitierungen dem Recycling Grenzen. Die Entwicklung effizienter Technologien für das mechanische und thermomechanische Recycling ist notwendig, um die Recyclingraten zu erhöhen und die Qualität der recycelten Materialien zu verbessern.
Wie funktioniert das mechanische Recycling von Textilien?
Das mechanische Recycling besteht im Wesentlichen aus vier Schritten: Vorbereitung, Vorbehandlung, Recyclingprozess und Weiterverarbeitung. Diese gehen fließend ineinander über und erfordern eine akribische Durchführung, um am Ende ein hochwertiges Polymer zu erhalten. Hinzu kommen eine Reihe von prozesstechnischen Herausforderungen bei der Aufbereitung von Textilien.
Während der Vorbereitung werden die Textilabfälle gesammelt und vorsortiert. Dabei lassen sich die Materialien beispielsweise nach Zusammensetzung oder Qualität einteilen. Die Phase ist besonders wichtig – denn das Material, das zu Beginn verwendet wird (Input), beeinflusst maßgeblich die Qualität des Endprodukts (Output).
Bei der Vorbehandlung werden nun die gesammelten und vorsortierten Materialien zur besseren Handhabung zerkleinert. Typischerweise kommen dafür Reißmaschinen oder Schneidmühlen zum Einsatz, die das Material in kleine Stücke zerlegen. Gegebenenfalls lassen sich hier anschließend noch weitere Materialtypen trennen und, um Knöpfe oder Reißverschlüsse aus unerwünschten Fremdmaterialien entfernen.
Eine Besonderheit bei der Zerkleinerung ist, dass sich die Textilfasern dabei auffächern. Das Material wird fluffig und schlecht riesel- und dosierfähig und würde sich auf diese Weise nicht im Extruder verarbeiten lassen. Eine Möglichkeit, dieser Herausforderung entgegenzuwirken, ist die erneute Komprimierung – die Textilfasern werden zu Pellets gepresst. Anschließend wird das Material in einem Extruder erhitzt und aufgeschmolzen. Dabei besteht die Möglichkeit, der Polymerschmelze Zusatzstoffe beizumischen, um so die Eigenschaften an die spätere Anwendung anzupassen, oder die Schmelze beispielsweise mittels Filtrierung aufzureinigen. Anschließend wird die Schmelze durch eine Düse gepresst und gekühlt. Das entstandene Rezyklat lässt sich nun zu Spritzgussbauteilen weiterverarbeiten.
Das mechanische Recycling von Textilien und textilen Mischgeweben bietet vielversprechende Ansätze zur Reduzierung von Abfällen und zur Schonung von Ressourcen. Auf diese Weise ist es möglich, Rohstoffe zu sparen und Umweltauswirkungen der Textilproduktion zu reduzieren.
Wie lassen sich Textilabfälle reduzieren und die Umwelt schonen?
Es gibt verschiedene Ansätze, die gigantischen Abfallmengen zu reduzieren. Der einfachste und effektivste Weg ist die Vermeidung von Abfällen – angefangen bei der Herstellung, aber natürlich auch durch die Reduzierung des Konsums. Wird Kleidung aussortiert, sollte diese so lange wie möglich weitergenutzt werden, zum Beispiel als Second-Hand-Ware. Ist das Ende der Nutzphase erreicht, sollten an dieser Stelle erst Verfahren wie das mechanische oder chemische Recycling zum Einsatz kommen, bevor das Material letztendlich in der Verwertung und der Beseitigung landet (siehe Bild 3).
Die Entwicklung effizienter Recyclingtechnologien und die Förderung einer Kreislaufwirtschaft sind entscheidend, um die Textilindustrie nachhaltiger zu gestalten und die Umweltauswirkungen zu minimieren. Durch gezielte Maßnahmen und Investitionen in Forschung und Entwicklung kann das mechanische Recycling von Textilien zu einem wichtigen Bestandteil einer nachhaltigen Zukunft werden. Weitere Untersuchungen sollen zeigen, inwieweit das bisher ungenutzte Potenzial ausgeschöpft werden kann.
Zudem ist es wichtig, Textilien nicht nur vom Ende der Nutzungskette aus zu betrachten, sondern schon beim Design an den Recyclingkreislauf zu denken. Welche Materialien werden verwendet? Können Monomaterialien eingesetzt werden? Lassen sich Mischungen und Mischgewebe, die sich deutlich schwieriger recyceln lassen, reduzieren oder im besten Fall vermeiden?
An vielen dieser Fragen wird derzeit aktiv gearbeitet, um Lösungen zu entwickeln, und es existieren bereits einige vielversprechende Ansätze. Letztendlich liegt es jedoch an uns, wie und ob wir diese Möglichkeiten tatsächlich umsetzen.