Offiziell eröffnet wird der Forschungsbau SCALE voraussichtlich im Sommer 2023. In den aktuell noch leeren Hallen laufen die letzten Arbeiten zur Versorgung mit Strom, Wasser, Gasen, Druckluft und mehr. Anschließend übergibt die Leibniz Universität Hannover als Bauherrin den Forschungsbau SCALE an die zukünftigen Nutzer – also an die Fakultät für Maschinenbau und die beteiligten Institute.
Wer in diesen Tagen die Baustelle betritt, kann schon erahnen, in welchen Dimensionen hier zukünftig geforscht und entwickelt werden soll. Die beiden äußeren Hallenschiffe bieten jeweils 1.125 Quadratmeter Fläche und 10 Meter Höhe unter dem Kranhaken. Im mittleren Hallenteil mit 5 Meter Höhe unter dem Kranhaken werden sich künftig mobile Roboter bewegen und XXL-Bauteile bearbeiten. Mittels Laser-GPS und weiteren modernen Positionierungssystemen wird hier ein Koordinatensystem aufgespannt, mit dem sich die Lage der Roboter und ihrer Bearbeitungswerkzeuge zum Bauteil mikrometergenau ermitteln lässt.
SCALE – Skalierbare Produktionssysteme der Zukunft
Im Forschungsbaus SCALE sollen künftig neuartige Fertigungsmethoden und Prozessketten erforscht und entwickelt werden, die es ermöglichen, größen- und stückzahlunabhängig zu produzieren. Bisher sind die Produktionsmaschinen meist parallel zur Größe der hergestellten Bauteile gewachsen. Das Problem dabei: Immer größere Spezialmaschinen zu entwickeln und herzustellen ist künftig weder ressourcenbedingt noch wirtschaftlich vertretbar, weil diese großen Maschinen meist nur für ganz spezifische Bauteile eingesetzt werden können und nicht für beliebige Größen und Geometrien.
Um ökologisch und ökonomisch effizient zu produzieren, ist ein Kurswechsel notwendig – weg von immer größer werdenden Maschinen und hin zu skalierbaren Produktionssystemen.
In Zukunft soll es möglich sein, mit derselben Technologie die unterschiedlichsten Bauteile wirtschaftlich zu fertigen, unabhängig von der Bauteilgröße oder Stückzahl. Im Forschungsbau SCALE soll in insgesamt sieben Forschungsschwerpunkten der gesamte Lebenszyklus skalenunabhängig produzierter Bauteile erforscht werden, von unterschiedlichsten Fertigungsverfahren über die Prozessauslegung und -steuerung bis zum Recycling.
11 Großgeräte für den Forschungsbau
In der Halle des Forschungsbaus SCALE werden unter anderem 11 Großgeräte Platz finden, mit denen eine skalenunabhängige und modulare Produktionstechnik erforscht wird. Dazu gehören eine skalierbare Servopresse, eine modulare Werkzeugmaschine, mobile Montageplattformen, mobile Fertigungsroboter, eine Inertgas-Pulververdüsungsanlage, eine Anlage zum Lichtbogenpressschweißen und eine Anlage zum Laserauftragschweißen, eine Additive Großfertigungsanlage, eine mobile Beschichtungsanlage, ein Indoor-Laser-GPS und ein mehrachsiger dynamischer Belastungsprüfstand.
„9 von 11 Großgeräten sind bereits erfolgreich durch den Begutachtungsprozess der DFG gelaufen und somit befürwortet, diese sind nun bereits im Beschaffungsprozess“, sagt Dr.-Ing. Mark Alan Swider, der den Bau koordiniert. „Die Lieferung und Inbetriebnahme der Anlagen verteilt sich auf das Jahr 2023.“ Der Neubau SCALE und die Beschaffung der Großgeräte kosten zusammen 49,6 Millionen Euro. Die Kosten tragen das Land Niedersachsen und der Bund je zur Hälfte.
Labore und Büros für 150 Menschen
Zusätzlich zu den Forschungshallen werden Labore und Büros eingerichtet – für 150 Wissenschaftler:innen, technische Mitarbeiter:innen sowie studentische Hilfskräfte. Allein im Großraumbüro im zweiten Stock des Gebäudes können künftig knapp 100 Forschende arbeiten – in interdisziplinären Teams aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Instituten. Zwei innenliegende Dachterrassen unterteilen die große Bürofläche in drei Zonen, lassen Tageslicht herein und ermöglichen Pausen an der frischen Luft. Zusätzlich werden schallgeschützte Besprechungsinseln geschaffen.
Im ersten Stock des Forschungsbaus werden ebenfalls Büroflächen eingerichtet, insbesondere für das technische Personal, das vom ersten Stock aus die Wartungsstege entlang der beiden Hallenschiffe erreichen kann. Im Erdgeschoss entstehen neben den Forschungshallen unter anderem Labore, Umkleiden sowie ein Eltern-Kind-Büro.
Eröffnung für Sommer 2023 geplant
Drei Jahre sind seit dem ersten Spatenstich im Dezember 2019 vergangen. Der Forschungsbau SCALE entstand in Krisenzeiten, die zu Materialknappheit und Kostensteigerungen führten. „Trotzdem sind wir recht gut im Zeitplan und im Kostenplan geblieben“, sagt Hendrik Herbach, der bei der Leibniz Universität Hannover für die Bauplanung und Projektsteuerung verantwortlich ist. „Da wir die meisten Verträge schon vor Beginn der Pandemie geschlossen hatten, sind die Kosten nicht wesentlich gestiegen. Allerdings haben sich die Lieferzeiten teilweise verlängert. Die Materialknappheit haben wir gespürt, etwa bei Metall, Holz oder Dämmmaterialien.“
Verzögert hat sich der Bau der Außenanlagen, der nun erst Ende 2022 beginnen kann und voraussichtlich 6 Monate dauern wird. Bis zum Sommer 2023 entstehen Parkplätze, Grünflächen und Retentionsmulden für Regenwasser – die Außenanlage wird im gleichen Stil gestaltet werden wie die des benachbarten PZH.
Für Sommer 2023 ist dann die Eröffnungsfeier des Forschungsbaus SCALE geplant.
Diese Institute nutzen den Forschungsbau SCALE
Zu den künftigen Nutzern des Forschungsbaus SCALE gehören das Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM), das Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik (IKK), das Institut für Werkstoffkunde (IW), das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW), das Institut für Mess- und Regelungstechnik (IMR), das Institut für Mikroproduktionstechnik (IMPT), das Institut für Montagetechnik (match), das Institut für Produktentwicklung und Gerätebau (IPEG), das Institut für Fabrikanlagen und Logistik (IFA), das Institut für Maschinenkonstruktion und Tribologie (IMKT), das Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) sowie das Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH).