Eine mit großen Aufwand mikrometergenau positionierte LED muss noch sicher fixiert werden. Dabei hat das Kleben im Präzisionsbereich viele Vorteile, aber auch seine Tücken. Beim Aushärten schrumpft Klebstoff und zerrt damit an den Fügepartnern, dabei kann es durchaus zu einer Verschiebung von einigen Mikrometern kommen. Geht es um die Lichteinkopplung in einem Wellenleiter, führt das zu einer deutlichen Verschlechterung der Performance.
Das Institut für Montagetechnik (match) arbeitet im Exzellenzcluster PhoenixD an Simulationsmodellen, um den Klebstoffschrumpf und somit die Auswirkung auf die Montageposition vorherzusagen.
Der Ursprung liegt in der Chemie
Klebstoffe schrumpfen in ihrem Volumen, da die Atome beim Aushärten näher zusammenrücken, wenn sich aus mehreren kleinen Molekülen (Monomere) lange Molekülketten bilden (Polymere).
Eine Simulation auf molekularer Ebene ist zwar möglich, jedoch nicht ohne weiteres auf die technische Größenebene übertragbar, weil hier zusätzliche Effekte auftreten. Bei Volumen im Mikroliter-Bereich müssen kleinste Luftblasen, die lokale Verteilung von Reaktionsstoffen und die Art des Energieeintrags ebenfalls betrachtet werden. Insbesondere bei UV-härtenden Klebstoffen spielt die Energieintensität und die Bestrahlungsrichtung eine wichtige Rolle.
Kaum erfassbare Einflüsse erschweren die Simulation
Der erste Schritt besteht darin, prozessrelevante Einflüsse zu identifizieren – denn es ist beinahe unmöglich, alle Einflussfaktoren in FEM- oder Multiphysik-Simulationsmodellen zu berücksichtigen. Dazu bauen die Wissenschaftler am match einen Beispielprozess auf, bei dem die Bauteilposition während des Aushärtens beobachtet werden kann. Parallel dazu wird ein Simulationsmodell erstellt und die realen Prozessbedingungen darin abgebildet. In den Folgeschritten wird das Simulationsmodell so weit angepasst, dass der Klebstoffschrumpf und der dadurch verursachte Bauteilverzug mit den realen Messungen übereinstimmen.
Anschließend ist es möglich, das Modell für die Vorauslegung weiterer Klebeprozesse zu nutzen und die auftretende Positionsabweichung vorherzusagen, sodass dies bei der Prozessauslegung vorrausschauend berücksichtig werden kann. Allgemeinverständlich heißt das: Das Bauteil wird absichtlich „danebengesetzt“ und erst durch das Festkleben rutscht es dann in die richtige Position.
Erst mit Industrie 4.0 wird das volle Potenzial nutzbar
Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet noch mehr Anwendungsfelder. Im Rahmen der Industrie 4.0 werden Maschinen miteinander vernetzt und Prozessdaten ausgetauscht. Die Datenanalyse ermöglich die Erstellung eines virtuellen Modells, der dann um die Simulation des Fügeprozesses erweitert werden kann. Damit sind bessere Vorhersagen über die Qualität des Produktes möglich.
Diese genaueren Vorhersagen können zum einem für einen adaptiven Montageprozess genutzt werden – das heißt, zuvor bekannte Toleranzen werden durch einen kontrollierten Klebprozess ausgeglichen. Zum anderen kann auch die Qualität der Fügeverbindung berechnet werden, eine aufwändige Kontrolle jedes Produktes zur Einteilung in Güteklassen ist dann nicht mehr notwendig. Folglich ist eine allgemeine Qualitäts- und Produktivitätssteigerung zu erwarten.