Die Bearbeitung von Großbauteilen wie zum Beispiel im Schiffs- oder Flugzeugbau ist mit hohen Arbeitsumfängen und somit längeren Taktzeiten verbunden. Um diese einzuhalten beziehungsweise zu optimieren, müssen oftmals mehrere Prozesse parallel durchgeführt werden. Das erfordert einen enormen Koordinationsaufwand von einzelnen Bearbeitungseinheiten. Gleichzeitig schreitet die Automatisierung dieser Bearbeitungsprozesse voran, wobei eine möglichst vollautomatisierte Fließfertigung angestrebt wird. Jedoch ist nach wie vor eine Vielzahl an nichtautomatisierten Arbeitsbereichen vorhanden, zu denen unter anderem einige Bereiche der Logistik sowie Montage- oder Bearbeitungsaufgaben gehören.
ITA erforscht künftig die kooperative mobile Robotik
Das Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) unter der Leitung von Professor Dr. Ludger Overmeyer forscht seit Jahren an neuartigen Automatisierungskonzepten in Produktion und Fertigung und steigt nun in den Bereich der kooperativen mobilen Robotik ein. Dazu hat das ITA im Jahr 2023 im Rahmen einer DFG-Großgeräteförderung zwei mobile Fertigungsroboter der Marke KUKA und ein dazu kompatibles Lasermesssystem für den 3D-Scan der Firma ZEISS erworben.
Im neuen Forschungsbau SCALE will das ITA das Potential der kooperativen Bearbeitung von Großbauteilen mit Hilfe mobiler Robotersysteme untersuchen und die Skalierbarkeit des Einsatzes solcher Systeme erforschen – mit dem Ziel, den Automatisierungsgrad der zukünftigen Produktions- und Fertigungskonzepte zu erhöhen und zu optimieren.
Erste Versuche führen die Wissenschaftler:innen am ITA bereits durch. Dabei befüllen die Roboter rotationssymmetrische Sinterformen mit einem Metallpulver. Geplant sind zudem die Umsetzung und Erforschung des Applikationsprozesses von Dehnungsmessstreifen und weiteren kraftlosen Prozessen.
Gründe für den Einsatz kooperierender mobiler Roboter
Wenn kooperierende mobile Robotersysteme verwendet werden, liegt der größte Vorteil in der Verteilung der einzelnen Aufgaben auf mehrere Roboter mit verschiedenen Endeffektoren. Dadurch läuft zum einen die Bearbeitung der Aufgabe schneller ab und zum anderen wird die Komplexität der einzelnen Roboter begrenzt, was sich positiv auf den Preis der einzelnen Roboter und deren Endeffektoren auswirkt.
Zwar ist es theoretisch möglich, einen Universalroboter zu entwickeln, welcher viele Aufgaben alleine bearbeiten kann, jedoch sind solche Systeme sehr teuer, da sie mehrere Werkzeuge benötigen und somit auch der Programmieraufwand steigt. Zusätzlich kann durch die erhöhte Komplexität die Fehleranfälligkeit solcher Roboter zunehmen, was die Kontinuität der Arbeitsabläufe und die Robustheit des Gesamtsystems beschränkt.
Somit gilt in der Robotik, was auch auf menschliche Arbeitskräfte zutrifft: Ein Team aus mehreren Spezialist:innen, die gut zusammenarbeiten, ist in der Regel leistungsfähiger als ein Generalist.
Verwendete Robotersysteme
Für die aktuellen und geplanten Forschungsvorhaben besitzt das ITA zwei mobile Robotersysteme vom Typ KUKA Mobile Robotik intelligent industrial work assistant (KMR iiwa) 14 R820, welche aus jeweils einem sensitiven Leichtbauroboterarm mit sieben Achsen und einer mobilen Plattform bestehen. Die Verwendung der Mecanum-Radtechnologie, bei der ein Rad aus jeweils zwei Felgen und neun freilaufenden Rollen besteht, ermöglicht eine omnidirektionale Beweglichkeit sowie 360°-Rotationen. Des Weiteren weisen die Roboter hohe Positionier- sowie Positionswiederholgenauigkeiten auf, welche für die Automatisierung von Bearbeitungsprozessen notwendig sind.
Zukünftiger Einsatz im Forschungsbau SCALE
Momentan werden die beiden mobilen Robotersysteme noch in der Laborhalle des ITA für aktuelle Forschungsprojekte verwendet. In naher Zukunft werden sie in den neuen Forschungsbau SCALE umziehen. Dort sollen die Roboter in weiteren vom ITA getragenen sowie institutsübergreifenden Forschungsvorhaben zur Erforschung von großskaligen Produktions- und Fertigungsprozessen eingesetzt werden.