Moderne Elektronikbauteile wie Hochleistungs-LEDs und Computerprozessoren produzieren große Mengen Verlustleistung, die sich in Abwärme äußert. Hierbei sind hohe Leistungsdichten in der Größenordnung des Zehn- bis Zwanzigfachen einer Herdplatte die Regel, was zu hohen Anforderungen an die Effizienz der Kühllösung führt. Diese muss die Wärmeenergie schnell abführen können, da ansonsten ein stabiler Betrieb nicht möglich ist und die Lebensdauer der Chips verkürzt wird.
Grundsätzlich bietet sich dafür eine Kombination der Metalle Kupfer und Aluminium an, da Kupfer die Energie schnell aufnehmen, von der Wärmequelle wegführen und an die angeschlossene Aluminiumkomponente abgeben kann. Der Aluminium-Teil hat meist zahlreiche Rippen, über deren große Oberfläche die Wärme dissipiert. Aus der Kombination von Aluminium mit Kupfer ergeben sich zudem Vorteile hinsichtlich der Kosten und des Gesamtgewichts des Bauteils.
Herausforderungen und Potenziale durch Sauerstofffreiheit
Allerdings hat die für die Wärmeübertragung kritische Grenzfläche zwischen den Fügepartnern Kupfer und Aluminium bei kommerziellen Kühlern selten optimale Eigenschaften. Gängige mechanische Fügemethoden hinterlassen einen Luftspalt zwischen Aluminium und Kupfer, der teils mit Wärmeleitpaste gefüllt wird, deren Wärmeleitfähigkeit jedoch weitaus schlechter ist als die der beiden Metalle. Infolgedessen entsteht ein hoher thermischer Widerstand an der Verbindungsstelle, der die Effizienz des Kühlbauteils beeinträchtigt, so dass es überdimensioniert werden muss.
Die Lösung für dieses Problem ist ein direkter Stoffschluss zwischen den unterschiedlichen Metallen, der vor allem durch das Angießen des Kupferteils durch Aluminiumschmelze (Verbundguss) eingestellt werden kann. Die für den Stoffschluss notwendigen wechselseitigen Diffusionsprozesse hängen maßgeblich von der Oberflächenbeschaffenheit der Fügepartner ab und werden durch natürlich auftretende Oxid- und Hydroxidschichten negativ beeinflusst.
Sauerstofffreie Produktion eliminiert störende Oxidschichten
Die Wissenschaftler:innen des IW im Sonderforschungsbereich 1368 „Sauerstofffreie Produktion“ haben deshalb ein Verfahren für den Verbundguss in sauerstofffreier Atmosphäre konzipiert, das es ermöglicht, Kupfer-Aluminium-Bauteile herzustellen, die keine störenden Oxidschichten an der Grenzfläche aufweisen und daher über eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit verfügen.
Die Ziele des Projekts liegen in der Untersuchung der Wirkmechanismen, die bei diesem Prozess auftreten, und der Klärung des Einflusses der Prozessparameter auf die Bauteileigenschaften. Diese Grundlagenforschung wird es später ermöglichen, den Gießprozess auf einen industriell relevanten Maßstab zu skalieren.
Skalierbarer Laborprozess zur Erforschung der Grundlagen
Der Doktorand Andreas Fromm hat zusammen mit Studierenden des Maschinenbaus an der Leibniz Universität Hannover (LUH) einen Versuchsstand entwickelt, dessen Herzstück eine automatische Kippgießanlage mit Induktionsbeheizung ist, die vollständig in einer Handschuhbox betrieben werden kann. Da konventionelle Schutzgase wie Argon auch bei sehr hoher Reinheit noch Restsauerstoff enthalten, wird der verbleibende Sauerstoffanteil innerhalb der Handschuhbox durch Dotieren mit Silan zu Siliziumdioxid umgesetzt, so dass ein extrem niedriger Sauerstoffpartialdruck von < 10-23 bar erreicht werden kann.
Die Kupferteile werden innerhalb der sauerstofffreien Atmosphäre beispielsweise durch Abschleifen desoxidiert und in der Gießform platziert. Der niedrige Sauerstoffpartialdruck verhindert dabei nicht nur die Reoxidation der geschliffenen Oberflächen, sondern auch die Neubildung einer Oxidschicht auf der fließenden Aluminiumschmelze.
Während der Formfüllung benetzt die Aluminiumschmelze den Kupfereinleger und stellt so eine oxidfreie, stoffschlüssige Verbindung zwischen den beiden Metallen her, wobei die Eigenschaften der Fügeverbindung durch den Temperaturhaushalt des Gießprozesses gesteuert werden können. Bislang kommen dabei relativ hohe Gießtemperaturen von 750 bis 800 °C sowie Formtemperaturen von circa 400 °C zum Einsatz.
Vom Schwerkraftguss zum Niederdruckguss in sauerstofffreier Atmosphäre
Der Schwerkraftguss in eine Dauerform aus Stahl (Kokille) wurde für die Grundlagenforschung ausgewählt, weil er einfach umsetzbar ist. Die hierbei auftretenden werkstoffkundlichen Zusammenhänge lassen sich jedoch in der nächsten Projektphase, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft kürzlich für weitere vier Jahre bewilligt wurde, auch auf technische Gießprozesse für komplexere Bauteile übertragen.
Die Arbeitsgruppe am IW hat geplant, zukünftig das Verfahren des sauerstofffreien Niederdruckgusses zu untersuchen. Dieser bietet den Vorteil, die Fügeverbindung auch über den variablen Druck zu steuern, so dass mittelfristig niedrigere Prozesstemperaturen verwendet werden können, um den Energiebedarf zu senken und gleichzeitig wichtige Bauteileigenschaften wie Leitfähigkeit und Festigkeit zu steigern.
Charakterisierung der Gussteileigenschaften
Nach dem Erstarren und Abkühlen schleusen die Forschenden die Proben aus dem Versuchsstand aus und führen verschiedene werkstoffkundliche Charakterisierungsmethoden durch. Von besonderem Interesse bei den nachfolgenden mikroskopischen Analysen ist die Mikrostruktur der Fügezone zwischen Kupfer und Aluminium, da sich hier spröde Zwischenschichten (intermetallische Phasen) ausbilden. Schwerpunkt der Analysen ist es daher, die Wechselwirkungen zwischen den Gießtemperaturen, der Dauer der Temperatureinwirkung und der Mikrostruktur sowie den Bauteileigenschaften zu beschreiben.
Aufgrund der relativ hohen Formtemperaturen entstehen intermetallische Phasen aus Aluminium- und Kupferatomen vom Typ AlxCuy mit einer Dicke von mehreren zehn Mikrometern an der Grenzfläche. Im Hinblick auf eine spätere technische Anwendbarkeit muss die Dicke des Phasensaums minimiert werden, da dieser die Dauerfestigkeit sowie die Wärmeleitfähigkeit beeinträchtigt.
Hundertfach bessere Wärmeleitfähigkeit an der Grenzfläche
Dennoch sind die Forschenden des IW mit den bisher erzielten Wärmeleitfähigkeiten der Verbundgussteile sehr zufrieden. Dieser kritische Kennwert berechnet sich aus der spezifischen Wärmekapazität des Werkstoffs und der Temperaturleitfähigkeit, die mit Hilfe eines speziellen Messgeräts im Labor des IW ermittelt wird.
So zeigen die in der Handschuhbox hergestellten Aluminium-Kupfer-Gussteile von Andreas Fromm bereits hohe Wärmeleitfähigkeiten von über 80 W/m∙K, was mehr als dem Hundertfachen der Wärmeleitfähigkeit des Luftspalts entspricht, der in typischen industriell produzierten Kühlkörpern zu finden ist. Das Team des IW ist optimistisch, diesen Wert zukünftig durch die Übertragung auf das Niederdruckgussverfahren noch weiter zu steigern und gleichzeitig die technische Anwendbarkeit zu demonstrieren. Diese Forschungsarbeiten laufen bis 2028 im Rahmen der neu bewilligten zweiten Förderperiode.
Zukunftsvision: Sauerstofffreie Gussproduktion in der industriellen Anwendung
Die Vision des Projekts ist die Weiterentwicklung des Verfahrens für verschiedenste Gießverfahren und Legierungen, um langfristig eine sauerstofffreie Gussproduktion zu ermöglichen. Bezogen auf den Kühlkörper könnte dies bedeuten, dass er trotz kleinerer Dimensionen effizienter arbeitet, was letztlich Gewicht, Kosten und Ressourcen sowohl in der Fertigung als auch im Betrieb einsparen kann.