Wann immer große Mengen Schüttgut in einem stetigen Strom transportiert werden sollen – etwa beim Transport von Rohstoffen vom Abbaugebiet zur Verladestation oder zum Hafen – kommen Gurtförderanlagen zum Einsatz. Nur mit ihnen können solche Massen kontinuierlich bewegt werden.
Tragrollen in Gurtförderanlagen
Ein elementarer Bestandteil von Gurtförderanlagen sind Tragrollen. Sie kommen zu tausenden zum Einsatz und stützen und führen den Gurt und damit das Schüttgut. Tragrollen basieren auf einem einfachen Aufbau mit einer stehenden Achse und einem auf beiden Seiten gelagerten Tragrollenmantel. Die Lager werden an beiden Seiten jeweils zwischen Tragrollenmantel und Tragrollenachse durch eine Labyrinthdichtung vor Wasser und Staub geschützt.
Die Qualität einer Tragrolle wird maßgeblich über ihren Laufwiderstand bestimmt. Dies ist die Kraft, die am Tragrollenmantel aufzuwenden ist, um die Tragrolle anzutreiben. Ursächlich dafür sind die Reibung in den Lagern und teilweise in den Dichtungen sowie das verwendete Schmiermittel. Der Tragrollenlaufwiderstand hat einen erheblichen Anteil am Gesamtwiderstand eines Gurtförderers – üblicherweise liegt dieser Anteil bei 5 % bis 15 %, teilweise bei bis zu 30 %. Damit haben die Tragrollen einen signifikanten Einfluss auf die Dimensionierung des Antriebs und den Energieverbrauch der Anlage.
Weitere Einflussfaktoren auf das Laufverhalten sind der Rundlauf und die Wuchtgüte, das benötigte Losbrechmoment und die axiale Verschiebbarkeit. Diese Faktoren wirken indirekt auch auf den Laufwiderstand und können zu stärkeren Geräuschemissionen führen sowie die Lebensdauer von Tragrollen negativ beeinflussen.
Tragrollenprüfstand mit Klimakammer
Um die genannten Einflussfaktoren auf das Laufverhalten unter unterschiedlichen Bedingungen untersuchen zu können, wurde am IPH ein Prüfstand entwickelt. Der Prüfstand ist das Ergebnis des Forschungsprojekts „Einsatznahe Charakterisierung des Laufverhaltens angetriebener und konventioneller Tragrollen für (Schüttgut-)Förderanlagen (EiLaT)“.
Herzstück dieses Prüfstands ist eine Klimakammer, in der alle Messungen durchgeführt werden. In dieser Klimakammer kann die Temperatur auf Werte von -40 °C bis 60 °C und eine relative Luftfeuchtigkeit bis 100 % eingestellt werden. Dies ist wichtig, da Tragrollen häufig auf der ganzen Welt unter sehr rauen Bedingungen zum Einsatz kommen. Ermöglicht wird die Simulation der unterschiedlichen Umweltbedingungen durch ein Kühlaggregat, eine Heizspirale und einen Verdampfer.
Die zu prüfende Tragrolle wird in der Klimakammer mit der Tragrollenachse in zwei beweglich gelagerten Kranzspannfuttern montiert. Ein Antriebsrad, welches auf einem verfahrbaren Schlitten montiert ist, treibt die Tragrolle an. Dabei wird der Schlitten und damit das Antriebsrad mit einer definierten Kraft durch einen elektromechanischen Zylinder gegen die Tragrolle gepresst. Dies simuliert die Auflast auf die Tragrolle im Betrieb und kann bis zu 3 kN betragen.
Zur Messung der Einflussfaktoren auf das Laufverhalten sind verschiedene Sensoren um die Tragrolle herum angeordnet. Das auf die Tragrollenachse übertragende Drehmoment wird über einen Drehmomentsensor am rechten Lager erfasst. Daraus kann der Laufwiderstand berechnet werden. Mithilfe von an den Lagern montierten Beschleunigungssensoren und einer Lichtschranke kann die Wuchtgüte der Tragrolle bestimmt werden. Die geometrische Vermessung der Tragrollen zur Feststellung von Rundlaufabweichungen werden durch einen Laser-Triangulationssensor realisiert.
Antreibende Tragrollen auf dem Prüfstand
Antreibende Tragrollen sind eine zukunftsweisende Entwicklung. Um diese Entwicklung zu unterstützen, ist der Tragrollenprüfstand als duale Messeinrichtung konzipiert, so dass auch antreibende Tragrollen geprüft werden können. Antreibende Tragrollen verfügen im Inneren über einen eigenen Elektromotor, welcher den Tragrollenmantel in Bewegung versetzt und die Energie auf den Gurt überträgt.
Auf dem Tragrollenprüfstand wird die antreibende Tragrolle mit definierter Drehzahl betrieben. Das Antriebsrad des Prüfstands wird mit definierter Kraft gegen die antreibende Tragrolle gepresst und das Antriebsrad bremst diese mit einem Gegenmoment. Die Einflussfaktoren Auflast, Drehzahl und Gegenmoment können dabei variiert werden. Von besonderem Interesse ist das Anlaufverhalten der Tragrollen unter verschiedenen Bedingungen.
Bei der Entwicklung von antreibenden Tragrollen kann das IPH Hersteller und Forschungseinrichtungen durch den Tragrollenprüfstand unterstützen.
Dichtheit gegen Staub und Wasser
Eine weitere Neuentwicklung am IPH ist der Prüfstand zur Untersuchung der Dichtheit gegen Wasser und Staub von Tragrollen. Das Eindringen von Wasser oder Staub beeinflusst das Laufverhalten und die Lebensdauer von Tragrollen negativ.
In DIN 22112-3 ist das Prozedere für diese Prüfungen festgeschrieben. Drei Tragrollen laufen für die Prüfung der Dichtheit gegen Wasser für 96 Stunden in einem bis zur Höhe der Achse mit Wasser gefüllten Behälter. Es wird betrachtet wie viel Wasser in die Tragrollen eindringt. Dafür werden die Tragrollen vor der Prüfung sowie nach jeweils 24 Stunden gewogen und so die Menge des eingedrungenen Wassers bestimmt. Nach der Prüfung werden die Tragrollen für zehn Tage gelagert und im Anschluss demontiert und auf Korrosion und Verlust und Verunreinigung von Schmiermittel optisch untersucht.
Für die Untersuchung der Dichtheit gegen das Eindringen von Staub laufen drei Tragrollen in einem Behälter mit Prüfstaub. An den Tragrollen werden kleine Flügel angebracht, die den Staub verwirbeln. Nach 96 Stunden Dauerlauf ist die Prüfung beendet. Die Tragrollen werden demontiert und es wird festgestellt, wie viel Staub eingedrungen ist.
Durch den Aufbau eines Prüfstands mit Elektromotor und Antriebsriemen ist das IPH nun in der Lage, diese für das Laufverhalten und die Lebensdauer von Tragrollen wichtige Prüfung durchzuführen.