Warum Diamantforschung?
Diamant besitzt eine Reihe einzigartiger Materialeigenschaften wie zum Beispiel hervorragende Biokompatibilität, Härte, Verschleißfestigkeit, Transparenz, chemische Stabilität und thermische Leitfähigkeit.
Darüber hinaus gewinnt Diamant mehr und mehr Bedeutung in der Grundlagenforschung – als Funktionsmaterial beispielsweise in Mikro-Opto-Elektro-Mechanischen Systemen (MOEMS), Mikro-Elektro-Mechanischen Systemen (MEMS) und Nano-Elektro-Mechanischen Systemen (NEMS) mit maßgeschneiderten optischen und elektrischen Eigenschaften. Anwendung finden diese Systeme in Biosensoren, transparenten Elektroden, fotochemischen Systemen und quantenoptischen Bauelementen.
HARD – Hannover Alliance for Research on Diamond
Die applikationsorientierte Forschung an diamantfunktionalisierten Bauelementen und Systemen wird in Niedersachen vorangetrieben durch die Gründung der interdisziplinaren Allianz HARD – Hannover Alliance for Research on Diamond unter Federführung des Instituts für Mikroproduktionstechnik (IMPT) der Leibniz Universität Hannover und der Beteiligung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Technischen Universität Braunschweig.
Ermöglich wird dieses Projekt durch die gleichnamige Infrastrukturmaßnahme im Rahmen der REACT-EU Förderung, welche zum Ziel hat, eine entsprechende Produktionsumgebung aufzubauen.
Der Einsatz von Diamant als Funktionsmaterial ermöglicht zukünftige Innovationssprünge sowohl in den bestehenden Forschungsschwerpunkten als auch in den geplanten Forschungsprojekten. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Allianz ist nicht nur das Potenzial von diamantbasierten Innovationen, sondern auch der Transfer von Wissen und Technologie in die regionale Wirtschaft.
Die neue Diamant-Produktionslinie am IMPT
Innerhalb der Allianz HARD wurde am IMPT eine Produktionslinie zur Herstellung, Strukturierung, Funktionalisierung und Integration von Diamantschichten aufgebaut. Hierfür wurden sechs Anlagen angeschafft, mit denen eine höhere Performance und neuartige Funktionen für die bestehenden und zukünftigen Systeme ermöglicht werden.
Für die Herstellung von Diamant hat das IMPT zwei Anlagen angeschafft. Die erste Anlage, die SEKI SDS6K, eignet sich besonders für die Herstellung von großflächigen (bis 5 Zoll) mikro- und nanokristallinen als auch monokristallinen Diamantschichten. Für das Wachstum von einkristallinen Diamant höchster Reinheit auf verhältnismäßig kleinen Proben haben sich die Forschenden für die SEKI 6300 entschieden. Die mit diesem Reaktor hergestellten Diamantschichten haben die höchste Güte synthetischer Diamanten und bilden so die Basis zur Forschung an fehlstellenbasierten quantenoptischen Bauelementen.
Strukturierung und Funktionalisierung von Diamant
Darüber hinaus wurde zur Funktionalisierung am IMPT ein Ionenimplantationssystem gebaut. Dieses ermöglicht einerseits die Herstellung von Defektzentren mit unter anderem Stickstoff und Silizium, aber auch elektrisch leitfähigen Strukturen durch Bor. Neben der am IMPT vorhandenen Lithografieprozesskette inklusive Beschichtungstechnik wird nun weiterhin eine Reaktive Ionenstrahlätzanlage (RIBE) SCIA Mill 150 zur Mikro- und Nanostrukturierung der Diamanten verwendet. Diese Anlage ermöglicht einen Winkelabhängigen und reaktiven – das heißt Sauerstoffionenunterstützten – anisotropen Ätzprozess.
Eine weitere Möglichkeit einer lithographiefreien Strukturierung und Funktionalisierung von Diamant bietet die Laserbearbeitungsanlage Lightfab 3D. Diese ermöglicht unter anderem makroskopische Bearbeitung zum Beispiel das Trennen und Schneiden, eine 3D-Strukturierung durch lokale Ablation, aber auch eine Funktionalisierung durch laser-induzierte Graphitisierung von Diamant.
Für eine schnelle und aussagekräftige Analyse der hergestellten und funktionalisierten Diamanten wird des Ramanspektrometer Witec alpha300 Apyron verwendet.
HARD-Auftaktveranstaltung schafft Grundlage für zukünftige Projekte
Am 17. Mai 2023 fand am Produktionstechnischen Zentrum (PZH) der Leibniz Universität Hannover eine Auftaktveranstaltung für das HARD-Projekt statt. Die Veranstaltung zog mehr als 30 hochkarätige Wissenschaftler:innen, Forschende und Gäste aus vielfältigen europäischen Instituten und Unternehmen an, um einen Blick auf die aufgebaute HARD-Infrastruktur sowie die ersten Ergebnisse der Diamantforschung in Hannover zu werfen. Dieses erste Zusammentreffen diente als Sprungbrett für intensive Diskussionen und einen Austausch von Ideen, die die Grundlage für zukünftige Projekte bilden werden.