Das match erforscht formvariable Greifer zur Handhabung hybrider, schmiedewarmer Bauteile im Rahmen des Sonderforschungsbereiches (SFB) 1153 „Prozesskette zur Herstellung hybrider Hochleistungsbauteile durch Tailored Forming“. Hierbei soll die Anpassungsfähigkeit formvariabler Greifer an unterschiedlichste Geometrien in den Schmiedesektor übertragen werden. Dies ist erstrebenswert, weil die Bauteile erhebliche geometrische Veränderungen erfahren (siehe Bild 1) und speziell angepasste Greifer zur Handhabung notwendig sind, die nur für die jeweilige Geometrie eingesetzt werden können.
Problematisch ist, dass kommerziell verfügbare, formvariable Greifer in der Regel aus polymeren Werkstoffen gefertigt werden. Der Werkstoff verleiht den Greifern ein elastisches Verhalten, wodurch diese sich an unterschiedliche Geometrien anpassen können. Allerdings sind polymere Werkstoffe durch ihre Einsatztemperaturen stark eingeschränkt und können maximal bis 300 °C eingesetzt werden. Schmiedewarme Bauteile erreichen aber Temperaturen von bis zu 1200 °C (siehe Bild 2).
Um die Diskrepanz zwischen Fomvariabilität und hohen Temperaturen zu schließen, haben die Forschenden am match zunächst vorhandenen Systeme analysiert und bewertet. Dabei haben zwei Systeme das Potenzial gezeigt, die Herausforderungen bewältigen zu können: Zum einen der sogenannte FinRay-Effekt, zum anderen ein Stift-Greifer.
FinRay-Greifer: Flexibel wie eine Fischflosse
Beim FinRay-Effekt handelt es sich um die mechanische Adaption einer Fischflosse: Ein gleichschenkliges Dreieck, dessen Schenkel durch Querstreben verbunden sind. Diese „Fischflosse“ ist durch ihren Aufbau in der Lage, sich entgegengesetzt zu einer einwirkenden Kraft zu verformen. Dadurch formt sich die Flosse um ein Objekt, wenn es zu einem Kontakt kommt. Dieser Effekt wird auf die Greiferfinger übertragen, wodurch diese sich jeglicher Kontur anschmiegen können. Solche FinRay-Finger werden in der Industrie bereits eingesetzt und sind aus einem elastischen polymeren Werkstoff gefertigt.
Am match wird der Ansatz verfolgt, die Schenkel durch eine Gliederkette zu ersetzen wie beispielsweise bei Armbanduhren (siehe Bild 3). Dadurch bleibt der FinRay-Finger beweglich und es kommt ein metallischer Werkstoff zum Einsatz, der die hohen Temperaturen meistern kann. Hierzu werden zunächst Konstruktionen erarbeitet und simulativ erprobt. Anschließend erfolgt die Fertigung von Funktionsmustern, die an heißen Bauteilen erprobt werden.
Stift-Greifer: Individueller, formschlüssiger Griff
Beim Stift-Greifer handelt es sich um ein System, bei dem Stifte in einer Matrix angeordnet sind und sich axial unabhängig voneinander bewegen können. Das zu greifende Bauteil wird zwischen zwei sich gegenüberliegenden Matrizen platziert. Die Stifte werden dann ausgeschoben, bis ein Kontakt mit dem Bauteil entsteht. Da die Stifte autark sind, erreicht jeder Stift eine individuelle Endlage. Hierdurch wird jede Kontur an diskreten Punkten abgebildet und die Stifte bilden die Negativform ab, wodurch ein formschlüssiger Griff entsteht.
Solche Greifer werden aus metallischen Werkstoffen gefertigt, sind allerdings nicht für hohe Temperaturen im Schmiedesektor ausgelegt. Die Forschenden am match evaluieren und validieren die Einsatzfähigkeit unter den Bedingungen des Schmiedens und optimieren die Greifer dahingehend. Aktuell ist am match der Prototyp gefertigt (siehe Bild 4) und wird für Versuche an heißen Bauteilen vorbereitet. Darunter fällt auch die Programmierung des Systems, die einen sicheren Betrieb während der Versuche mit den heißen Bauteilen sicherstellt.
Spraykühlung: Optimale Temperatur aufrechterhalten
Neben der Entwicklung von Greifern arbeitet das match an der Integration weiterer Funktionen, die die Qualität der hybriden Schmiedeteile steigern und deren Fertigung unterstützen.
Eine Herausforderung ist das Einstellen und Aufrechterhalten eines definierten Temperaturgradienten im Bauteil. Der Gradient ist notwendig, um das hybride Bauteil, das aus zwei oder mehr Werkstoffen besteht, umzuformen. Andernfalls kann es zu lokalen Aufschmelzungen kommen, weil das eine Material Umformtemperaturen benötigt, die die Schmelztemperaturen des anderen Materials übersteigen. Die Aufschmelzung würde das Bauteil unbrauchbar machen.
Hier verfolgen die Forschenden am match den Ansatz einer Spraykühlung. Diese besteht aus Düsen, die Wasser und Luft variabel vermischen, wodurch ein feines Spray entsteht. Aufgrund der variablen Mischverhältnissen wird ein breites Spektrum für die Kühlleistung erreicht, die individuell justiert werden kann. Das Kühlsystem ist so aufgebaut, dass es modular an die zuvor genannten Greifer angebracht werden kann.