In der Blechumformung entsteht Reibung, welche zum Verschleiß der Werkzeuge beiträgt. Um diesen Verschleiß zu mindern werden Schmierstoffe eingesetzt, welche auf Mineralöl basieren. Diese eignen sich für die hohen Anforderungen in der Umformtechnik, weil sie beispielsweise druck- und temperaturbeständig sind. In Kombination mit Additiven sind die Schmierstoffe für den jeweiligen Anwendungsfall optimal geeignet.
Wasserbasierte Schmierstoffe und ihre Potentiale
Mineralöle weisen jedoch einige Nachteile auf: Dazu zählen die schwierige Reinigung der Bauteile, die Entsorgung des Reinigungsbads sowie der schwierige Abbau bei Kontakt mit der Umwelt.
Aus diesem Grund erforscht das IFUM derzeit im Rahmen des Projekts „Wasserbasierte Schmierstoffe“ der Europäischen Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e.V. die Einsetzbarkeit und die Prozessgrenzen von Schmierstoffen auf Wasserbasis. Hierbei werden speziell die Tiefziehbarkeit, die Verschleißbeständigkeit sowie die Schweißbarkeit dieser Schmierstoffe untersucht. Die ermittelten Ergebnisse werden anschließend in ein analytisch-empirisches Modell übertragen, welches eine Aussage über den jeweiligen Reibzustand ausgibt. Somit ist es möglich, für den jeweiligen Anwendungsfall den passenden Schmierstoff auszuwählen.
Wasserbasierte Schmierstoffe und ihre Grenzen
Wasser wird als Schmiermittel bereits in vielen Bereichen der Natur verwendet. So werden im menschlichen Körper alle Bewegungen, bei denen Reibung entsteht, wie in den Gelenken, mit Wasser geschmiert. Aufgrund seiner physikalischen und biologischen Einschränkungen eignet sich Wasser allein jedoch nicht für die Schmierung im industriellen Umfeld und muss daher additiviert werden. Aus diesem Grund finden in der Praxis aktuell hauptsächlich additivierte Schmierstoffe auf Mineralölbasis Verwendung. Verschiedene Hersteller bieten bereits wasserbasierte Schmierstoffe in ihrem Sortiment an. Diese Schmierstoffe werden als besonders nachhaltig bezeichnet, da ihre Entsorgung im Vergleich zu mineralölbasierten Schmierstoffen unproblematisch ist.
In der letzten Dekade fanden Untersuchungen im Hinblick auf die tribologischen Eigenschaften von wasserbasierten Schmierstoffen statt. Um Wasser als Schmiermittel einsetzen zu können, bedarf es der Zugabe von Additiven, die zum Korrosionsschutz, zur Steigerung der Viskosität und zur Verschleißreduktion beitragen. Zumeist werden den Schmierstoffen Polymere, Ester und bestimmte EP-Additive hinzugefügt. Die Kombination von verschiedenen weiteren Additiven mit Wasser wurde bereits in verschiedenen Forschungsvorhaben untersucht.
Im Hinblick auf die Eignung von wasserbasierten Schmierstoffen für die Blechumformung ist nach dem aktuellen Stand der Technik wenig geforscht worden. Die meisten Untersuchungen beschränken sich auf den Einsatz von verschiedenen Additiven und ihren Einfluss auf den Reibwert.
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes erforscht das IFUM in ersten Untersuchungen die Eignung von wasserbasierten Schmierstoffen für das Tiefziehen. Hierbei werden durch Streifenziehversuche mit Umlenkung (siehe Bild 2) die unterschiedlichen Beanspruchungsarten während der Umformung nachgebildet und der Reibwert bestimmt. Bei dem Modellversuch wird ein Blechstreifen gegen einen Probenkörper gedrückt und mittels einer vorgegeben Ziehgeschwindigkeit gezogen. Während des Ziehvorgangs wird die Ziehkraft aufgenommen. Der Reibwert ergibt sich aus dem Quotienten aus Ziehkraft und Normalkraft. Je niedriger der Reibwert, desto besser das Ergebnis für das Tiefziehen.
Vergleich wasserbasierter und mineralölbasierter Schmierstoffe
Bei den Streifenziehversuchen mit Umlenkung wurden die gelieferten wasserbasierten Schmierstoffe der Hersteller LBI, Raziol und Fuchs auf einen Aluminiumwerkstoff und drei Stahlwerkstoffe appliziert und bezüglich ihrer Schmier-Performance untersucht. Als Referenz dienten der mineralölbasierte Hochleistungsschmierstoff Bekuform 169 / V35 und ein Korrosionsschutzöl, welches im Anlieferungszustand der Blechwerkstoffe vor dem Transport aufgetragen wurde. Die ersten Streifenziehversuche dienten dazu, die Schmierstoffe mit den geeigneten Reibwerten zu finden, die für weiteren Versuche verwenden werden sollen. Um gleiche Bedingungen zu gewährleisten, wurde auf die Blechstreifen (20×700 mm) eine definierte Schmierstoffmenge von 5 g/m2 appliziert.
Die Ergebnisse (siehe Bild 3) zeigen, dass die Reibwerte der einzelnen Schmierstoff-Werkstoff-Kombinationen unterschiedliche Tendenzen aufweisen. Die gemessenen Reibwerte für die wasserbasierten Schmierstoffe liegen in Kombination mit dem Aluminiumblech im Bereich von 0,05 bis 0,07. In Kombination mit dem Stahlblech werden Reibwerte zwischen 0,1 und 0,19 erreicht. Der mineralölbasierte Schmierstoffe Bekuform liegt in den Messungen bei 0,08 (Aluminium) und 0,2 (Stahl).
Somit führen die wasserbasierten Schmierstoffe teilweise zu besseren Reibwerten als die mineralölbasierten Schmierstoffe. In diesen ersten Untersuchungen zeigen die wasserbasierten Schmierstoffe eindrucksvoll, dass diese tribologisch gesehen in der gleichen Kategorie wie die Mineralöle liegen. Im weiteren Verlauf des Projekts werden diese Schmierstoffe auf ihre Umform-, Verschleiß sowie Schweißperformance untersucht.