Der Einstein-Elevator im Hannover Institute of Technology (HITec) wird vom Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) betrieben. Mithilfe dieser Anlage ist es möglich, innerhalb einer Kapsel einen schwerelosen Zustand zu erzeugen. Wissenschaftler:innen des ITA betreiben in dieser Anlage Forschung im Bereich additiver Fertigung unter Weltraumbedingungen, physikalische Grundlagenforschung sowie die Anlagenweiterentwicklung zur Simulation weiterer Weltraumumgebungsbedingungen.
Um die Integration verschiedenster Experimente in den Einstein-Elevator so einfach wie möglich zu gestalten, wird derzeit im Auftrag des Instituts für Satellitengeodäsie und Inertialsensorik des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR-SI) ein Experimentträger entwickelt, der möglichst flexibel aufgebaut werden kann.
Funktionsweise des Einstein-Elevators
Der Einstein-Elevator simuliert Schwerelosigkeit durch den freien Fall des Experimentträgers. Dafür steht der Träger zunächst während der Experimentdurchführung in der Gondel des Einstein-Elevators und wird mit dieser gemeinsam innerhalb von 0,5 s mit 5-facher Erdbeschleunigung nach oben beschleunigt. Anschließend wird die Gondel kurzzeitig abgebremst, sodass sich der Träger im Inneren vom Gondelboden löst. Der Antrieb regelt daraufhin den Abstand zwischen Gondel und Experimentträger auf eine definierte Flughöhe und folgt dem nun für bis zu 4 s freifliegenden Experimentträger. Da der Träger in dieser Zeit keinerlei Kontakt zur umgebenden Gondel besitzt, wirken auch keine äußeren Kräfte auf ihn. Er befindet sich dann in einem vertikalen Parabelflug, der mit Schwerelosigkeit beziehungsweise Mikrogravitation gleichsetzt wird. Um zusätzlich den Einfluss von Vibrationen zu minimieren, die auf Geräusche (zum Beispiel von den Antrieben und den Führungen) zurückzuführen sind, ist die Gondel während der Experimentdurchführung auf einen Druck von 10-2 mbar evakuierbar.
Experimente im Einstein-Elevator
Zum einen werden additive Fertigungsverfahren, wie das Laserauftragsschweißen, unter verschiedenen Gravitationsbedingungen untersucht. Das Verfahren kann in Zukunft dafür genutzt werden, um während langer Raumfahrtmissionen Komponenten generieren und reparieren zu können.
In weiteren Projekten im Bereich der additiven Fertigung forschen Wissenschaftler:innen am 3D-Druck mit Mondstaub (Regolith). Dadurch soll beispielsweise der teure Transport von Baumaterialien zum Mond für den Aufbau zukünftiger Mondstationen eingespart werden.
Auch Experimente im Bereich physikalischer Grundlagenforschung werden derzeit vorbereitet. Dabei werden unter anderem kompakte Atominterferometer entwickelt und nach Hinweisen auf Dunkle Energie gesucht. Besonders solche Quantensensor-Experimente stellen sehr hohe Anforderungen an die Experimentumgebung.
Anforderungen an den Experimentträger
Ein wesentliches Qualitätsmerkmal von Anlagen für die Forschung unter Schwerelosigkeit ist die Restbeschleunigung. Durch die Antriebe, Akustik oder Experimenthardware können Schwingungen ausgelöst werden, die während der Schwerelosphase Beschleunigungen im Experiment verursachen. Je niedriger die Amplitude dieser Restbeschleunigung ist, desto besser wird die Qualität der Anlage bewertet.
Um derartig geringe Restbeschleunigungen zu erreichen, ist es notwendig, dass der Experimentträger möglichst wenig anfällig für Schwingungen ist oder diese innerhalb von sehr kurzer Zeit abklingen. Der Experimentträger ist daher so konstruiert, dass er möglichst steif ist und damit nur Eigenschwingungen mit hoher Frequenz zulässt. Gleichzeitig darf die Konstruktion aber nicht zu schwer sein, da der Einstein-Elevator eine maximal zulässige Masse von 1.000 kg innerhalb der Gondel befördern kann. Weiterhin soll für Experimente trotzdem das maximale Volumen von 1,7 m im Durchmesser und 2 m Höhe zur Verfügung stehen.
Insbesondere Experimente aus dem Bereich der Grundlagenphysik stellen hohe Anforderungen an die Restbeschleunigung, sowie auftretende Rotationen und Magnetfelder. Um magnetische Einflüsse zu reduzieren, sollte der Träger ausschließlich aus nicht-magnetischen Materialen gefertigt werden. Rotationen können durch genaue Zentrierung des Schwerpunkts oder durch aktive Mechanismen, wie beispielsweise Steuerdüsen oder Reaktionsräder, reduziert werden.
Aufbau des Experimentträgers
Der Experimentträger besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: Die Trägerbasis, die Druckhülle und die Nutzlast (siehe Bild 1).
Die Trägerbasis ist das untere Element des Trägers (siehe Bild 2). Diese Komponente ist als Druckgefäß ausgelegt. Innerhalb befindet sich sämtliche Hardware, die verwendet wird, um den Träger zu steuern und Sensordaten aufzuzeichnen. Über verschiedene Schnittstellen kann die Experimenthardware mit der Trägerbasis verbunden werden. Damit stehen für Experimente ein Kühlsystem, verschiedene Stromversorgungen, Netzwerkanbindung sowie Steuersignale zur Verfügung.
Oberhalb der Basis wird die Nutzlast (das Experiment) der Experimentatoren platziert. Die jeweiligen Experimente werden auf speziellen Tragebenen montiert. Dabei sollte nach Möglichkeit die Nutzlast so steif wie möglich aufgebaut werden. Hierfür können Versteifungselemente verwendet werden, die zwischen zwei Ebenen verschraubt werden und diesen zusätzliche Steifigkeit geben. Die Nutzlast wird anschließend als „ein Paket“ auf der Basis verschraubt.
Die gesamte Nutzlast kann optional von einer Druckhülle umschlossen werden. Dadurch befindet sich das Experiment in einer Normalatmosphäre, während außerhalb des Trägers weiterhin ein Vakuum zur akustischen Entkoppelung vorherrscht. Auf diese Weise muss beim Aufbau des Experiments nicht auf Vakuumtauglichkeit geachtet werden. Alternativ ist es möglich, den Träger ohne Druckhülle zu betreiben und vakuumtaugliche Experimenthardware zu verwenden, wie zum Beispiel beim Test von Satelliten, die ohnehin für ihren finalen Betrieb vakuumtauglich ausgelegt sein müssen.
Der Träger wird derzeit gefertigt (siehe Bild 3). Es wird Aluminium für die geschweißten Einzelbauteile verwendet, da dadurch sowohl magnetische Einflüsse reduziert werden als auch das Gewicht der Konstruktion gering gehalten wird. Einige Teile des Trägers sind bereits fertiggestellt (siehe Bild 4).
Die Fertigstellung des gesamten Trägersystems ist für Ende 2022 geplant. Anschließend wird die Anlage gemeinsam mit dem neuen Experimentträger evaluiert und es können die ersten Experimente mit dem neuen System durchgeführt werden.