Faserverstärkte Kunststoffe sind wichtige Werkstoffe vor allem für Leichtbauanwendungen. Die lokale Orientierung der Verstärkungsfasern hat dabei einen signifikanten Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften der Bauteile. Ihre Kenntnis ermöglicht es, Simulationsmodelle zu verfeinern und zu validieren, welche den Herstellungsprozess oder das strukturmechanische Verhalten vorhersagen. Durch Simulationsmodelle, welche die Realität möglichst gut nachbilden, können Herstellungsprozesse und Bauteileigenschaften optimiert werden.
Die Analyse der Faserorientierungen in solchen, beispielsweise im Spritzguss hergestellten, Bauteilen erfolgt häufig mittels Mikro-Computertomographie (Mikro-CT). Die Mikro-CT ermöglicht die zerstörungsfreie dreidimensionale Erfassung von Proben in Auflösungen bis in den Sub-Mikrometer-Bereich.
Neben der Bestimmung von Faserorientierungen ermöglicht die Methode auch die messtechnische Erfassung von Bauteilgeometrien, die Porositäts- oder Schaumstrukturanalyse oder die In-situ-Verfolgung von Schadensentstehung und -ausbreitung, zum Beispiel in Folge einer mechanischen Belastung.
Messdauer versus Bildqualität
Das in einer Mikro-CT-Aufnahme erfasste Volumen wird anhand von Grauwerten repräsentiert. Der lokale Grauwert ist dabei in erster Linie ein Maß für die Röntgenabsorption an dieser Stelle. Er ermöglicht Materialien mit unterschiedlichem Absorptionsverhalten, also unterschiedlicher Dichte voneinander zu unterscheiden. Glasfasern etwa absorbieren die Röntgenstrahlung stärker als der umgebende Kunststoff und weisen deshalb einen höheren Grauwert auf.
Welche Details in einer Mikro-CT-Aufnahme erkennbar sind, hängt von vielen Faktoren ab. Neben den Eigenschaften der Probe haben die Leistungsfähigkeit des Messsystems sowie die Messparameter einen entscheidenden Einfluss.
Die Wahl der Messparameter stellt dabei immer einen Kompromiss dar: Die Erfassung einer Probe in möglichst hoher Auflösung und Bildqualität ist nur für ein vergleichsweise kleines Probenvolumen und unter Akzeptanz einer langen Messdauer, häufig mehreren Stunden, möglich. Schnelle Messungen und/oder die Erfassung größerer Proben gehen hingegen zulasten der Detailerkennbarkeit beziehungsweise der grundsätzlichen Bildqualität.
Bewertung der Bildqualität
Die Bewertung, ob eine Mikro-CT-Aufnahme eine hinreichende Bildqualität besitzt, um bestimmte Analysen durchzuführen, erfolgt aktuell weitestgehend subjektiv und auf Basis von Erfahrungswerten.
Für eine objektive Bewertung der CT-Bildqualität, speziell in Hinblick auf die Analyse von Faserorientierungen, entwickelt das Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik (IKK) mit Unterstützung der Volume Graphics GmbH einen Bildqualitätsindex, der ein Maß für die Unterscheidbarkeit von Fasern und Matrix in Verbundkunststoffen wiedergeben soll. Ziel ist es, den mindestens benötigten Bildqualitätsindex festzulegen, der für eine verlässliche Faserorientierungsanalyse erforderlich ist.
Dies ermöglicht es einerseits, messdauer- und auflösungsoptimierte Messparameter zu identifizieren. Andererseits können mit einem solchen Bildqualitätsindex auch verschiedene Mikro-CT-Setups hinsichtlich ihrer Eignung für die Messung dieser Materialklasse verglichen oder ein Monitoring der Performance von Anlagen über die Zeit durchgeführt werden.
Entwicklung eines Bildqualitätsindex
Die Faserorientierungsanalyse anhand von Mikro-CT-Aufnahmen basiert auf der Auswertung von Grauwertgradienten im CT-Volumen. Eine gute Unterscheidbarkeit zwischen Faser und Matrix ist dabei essentiell für den Erhalt valider Ergebnisse.
Um diese Unterscheidbarkeit in Form eines Bildqualitätsindex wiederzugeben hat das IKK mehrere Methoden zur Bildverarbeitung und -auswertung evaluiert und an die Besonderheiten des Faser-Matrix-Verbundes angepasst. Ausgewertet und in Form des Bildqualitätsindex Q zueinander in Beziehung gesetzt werden hierbei die Grauwertintensitäten sowie das Rauschniveau für beide Materialkomponenten. Die erhaltenen Resultate sind angelehnt an Kontrast-Rausch-Verhältnisse aus der klassischen Signalverarbeitung.
Eine besondere Herausforderung bei der Analyse ist der im Vergleich zur Messauflösung häufig nur um den Faktor 2 oder 3 größere Durchmesser der eingesetzten Verstärkungsfasern. Daraus folgt die Notwendigkeit die einzelnen Materialkomponenten mit einer hohen räumlichen Sensitivität voneinander zu unterscheiden.
Fallbeispiel glasfaserverstärktes Polypropylen
Am Beispiel eines mittels Spritzgießens hergestellten Bauteils aus glasfaserverstärktem Polypropylen wird der Effekt unterschiedlicher CT-Messparameter auf den Bildqualitätsindex und die resultierende Verlässlichkeit der Faserorientierungsanalyse veranschaulicht. Alle dargestellten CT-Messungen (siehe Bild 2) wurden mit einer Voxelauflösung von 5 Mikrometern durchgeführt. Bei einer Messdauer von 135 Minuten wird sowohl subjektiv als auch anhand des Bildqualitätsindex Q von 3,35 die höchste Bildqualität mit gutem Kontrast und geringem Bildrauschen erreicht. Mit sich verringernder Messdauer nehmen die subjektive und ermittelte Bildqualität kontinuierlich ab, bis zu einer deutlich verringerten Bildqualität bei einer Messdauer von nur 5 Minuten.
Es kann angenommen werden, dass der Scan mit 135 Minuten Messdauer die reale Faserorientierung am genauesten wiedergibt. Die Faserorientierungsanalyse zeigt, dass aus dem Scan mit 43 Minuten Messdauer die Orientierungen ebenso präzise ermittelt werden können, obwohl die visuelle Betrachtung des Bildes dies nicht vermuten lässt. Erst bei den deutlich verkürzten Messdauern von 12 und 5 Minuten zeigen sich Abweichungen in den ermittelten Faserorientierungen, vor allem in der Mitte des Bauteils. Der qualitative Verlauf der Orientierungen wird weiterhin gut wiedergegeben, was für eine hohe Robustheit des Algorithmus zur Faserorientierungsanalyse spricht. Gleichzeitig wird das Potential aufgezeigt, auch mit deutlich verkürzten Messdauern nutzbare Ergebnisse hinsichtlich der Faserorientierung zu erzielen.
Der Bildqualitätsindex kann dabei helfen, geeignete Messparameter für die benötigte Genauigkeit der Faserorientierungsanalyse festzulegen. In die Weiterentwicklung des Bildqualitätsindex werden die Forschenden des IKK zukünftig noch weitere Faktoren einbeziehen, die auf die Genauigkeit der Faserorientierungsanalyse Einfluss haben können.